Samstag, 13. Dezember 2014

Biologische Chemotherapie

Die Biologische Chemotherapie ist ein vielversprechender und nebenwirkungsarmer Therapieansatz

 Artesiminin/Artesunate

Einige natürliche Stoffe haben die Eigenschaft, Stoffwechselprozesse einer Tumorzelle zu blockieren. Die kann zum Untergang einer Tumorzelle führen. Dies ist das Ziel einer Therapie mit einem biologischen Chemotherapeutikum. Dabei kann nur ein Stoff oder eine Kombination von mehreren Stoffen, die dann in Summe mehrere Stoffwechselprozesse blockieren, verwendet werden. Bei der intravenösen Gabe kann wesentlich mehr Wirkstoff aufgenommen werden, als bei der oralen Aufnahme durch Kapseln.

Artesunate-Infusionen bei Krebs - Ein naturheilkundliches Zytostatikum aus dem einjährigen Beifuß
Der aus dem einjährigen Beifußes (Artemisia annua) gewonnene, natürliche Wirkstoff Artemisinin hat in mehreren internationalen Studien gezeigt, dass er eine deutliche zytostatische Wirkung auf Krebszellen hat. Mit Artesunate, einem halbsynthetischen Derivat, steht damit ein effektiver Wirkstoff für die naturheilkundliche und komplementäre Tumorbehandlung zur Verfügung. Das natürliche Artemisinin wurde bereits von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Liste der „unentbehrlichen und wichtigen Arzneimittel“ aufgenommen. Wir beschränken uns bei unserer Betrachtung auf das halbsynthetische, wasserlösliche Artesunate, weil damit eine definierte Wirkstoffmenge und Qualität zur Verfügung steht. 

Ein komplexer Wirkmechanismus führt zur Zerstörung von Krebszellen und zur Hemmung der Gefäßbildung von Tumoren.
Tumorzellen haben aufgrund ihrer extrem beschleunigten Zellteilungsrate wesentlich höhere Eisenkonzentrationen als gesunde Zellen. Gelangt Artesunate in die stark eisenbeladenen Krebszellen, werden spontan große Mengen von sogenannten freien Radikalen (reaktive Sauerstoffspezies) freigesetzt, welche die Krebszellen schädigen und schließlich zerstören. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Artesunate hemmend in die Gefäßneubildung des Tumors eingreift. Auf diese Weise können die Tumorzellen von der Blutversorgung abgeschnitten und ausgehungert werden; dies verringert die Möglichkeit der Bildung von Metastasen.
Eine Behandlung mit Artesunate kann auch bei Krebsarten erfolgreich sein, bei denen konventionelle Therapien keine positiven Reaktionen bewirken konnten. Auch bei besonders aggressiven Krebserkrankungen wie Bauchspeicheldrüsenkrebs, akuter Leukämie oder dem Dickdarmkarzinom sind die bisherigen Ergebnisse sehr vielversprechend.

Die Verabreichung von Artesunate ist unkompliziert und wird in aller Regel sehr gut vertragen.
Die Dosierung der Artesunate-Infusionen wird nach dem Körpergewicht berechnet. Die Infusionsdauer beträgt etwa 45 bis 60 Minuten. Zu Beginn der Therapie wird eine Serie von 15-20 Infusionen, idealerweise täglich aber mindestens dreimal wöchentlich verabreicht. Nach der ersten Behandlungsserie wird je nach Tumorart und Krankheitssituation eine Pause von 4-8 Wochen gemacht. Danach hat sich eine Wiederholung der Infusionsbehandlung bewährt. Häufigkeit und Dosierung richten sich dann nach der jeweils erreichten Verbesserung der Tumorerkrankung. Es treten i.d. R. nur leichte bzw. gut beherrschbare Nebenwirkungen oder Komplikationen auf, eine Depression der Erythrozyten- und Leukozytenanzahl ist möglich und muss laborchemisch kontrolliert werden.
Mit Artesunate steht uns ein hochpotentes, schnell wirksames und relativ gut verträgliches naturheilkundliches Krebsmittel zur Verfügung. Flächendeckende Studien fehlen noch. Artesunate sollte bis zu einer Tumorgröße G2 in Kombination mit einem Eisenpräparat verabreicht werden. Ab einer Tumorgröße G3 scheint die Eisenspeicherkapazität des Tumors selbst durch Vermehrung der Hepcidinrezeptoren für die Reaktion mit Artesunate ausreichend zu sein. In Anwesenheit von Redox-aktivem-Eisen (Ionen) bricht die Endoperoxidbrücke besonders schnell auf. Das Eisen lagert sich in schnell wachsenden Zellen an, markiert solchermaßen das Zellwachstum und macht die wuchernden Zellen so zum Zielpunkt für die Substanz. Das Redox-aktive-Eisen lagert sich in den Lyosomen (membrangebundene Zellorganellen) ab. Dieses lysosomale Eisen ist der Ausgangspunkt für den durch Artesunate ausgelösten Zelltod bei Krebszellen.
"Artesunate, eine Substanz aus dem Einjährigen Beifuß (lat. Artemisia annua, nicht zu verwechseln mit dem Gewürz Artemisia vulgaris), wirkt zerstörerisch auf schnell wachsende Krebszellen".
Dies lässt sich bis ins Detail logisch nachvollziehen, wenn man die Molekülstruktur von Artesunate betrachtet: Sie enthält komplizierte Sauerstoffbrücken, "Endoperoxidbrücken". Diese sind instabil und brechen auf, wenn die Moleküle an eine Zelle anheften. Diese Reaktionen sind erwünscht:
1.)    Es werden extrem aggressive Sauerstoffteilchen frei, die die Krebszellen angreifen.
2.)    Es bleiben beim Restmolekül von Artesunate bindungsbereite Strukturen übrig; sie suchen sich Eiweiße als neue Partner. Dabei entstehen so genannte Proteinadukte, welche den Tumor zersetzen.
3.)    Angiogenesehemmung durch Reduktion des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors
Artesunate wirkt somit wie Sprengstoff in den Tumorzellen. Ferner schwellen die Christae der Mitochondrien bis zum Zerplatzen an, was wiederum zu einer direkten Schädigung der Zellatmung führt. Die chinesische Medizin nutzte diesen Mechanismus- ohne ihn zu kennen- seit Jahrtausenden. Nicht gegen Krebs, aber gegen Fieber und Malaria. Deren Erreger befinden sich zeitweise im Blutfarbstoff Hämoglobin. Auch hier wirkt Artesunate.
Pflanzen müssen sich, um langfristig als Art erhalten zu bleiben, nicht nur gegen Bakterien, Pilze und Viren wappnen. Sie müssen auch Gifte entwickeln, die Fressfeinden suggerieren, sie seien ungenießbar. Die Nebenwirkungen, die Artesunate-Medikamente haben, sind daher jene, die in der freien Natur die Pflanzenfresser davon abhalten sollen, vom Einjährigen Beifuß zu naschen: Kopfweh, Schwäche und Benommenheit. Im Vergleich zu den Nebenwirkungen durch Chemotherapie - von vorübergehendem Haarausfall über bleibende Sterilität bis zur lebensgefährlichen Knochenmarkschädigung - nimmt sich dieses  Pflanzengift gut verträglich aus.
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass Artesunate eine Alternative  für die Umgehung aufgetretener Therapieresistenzen - wie z.B. bei Taxotere- darstellen kann. Artesunate ist einerseits ein Zytostatikum und in seiner Wirkung durchaus mit üblichen Chemotherapeutika vergleichbar, der Entstehungsweg für eine Resistenzbildung scheint aber ein anderer zu sein. Daraus kann abgeleitet werden, dass eine Third-line-Chemotherapie in Kombination mit Artesunate noch einmal sinnvoll sein kann oder Artesunate direkt als Third-line eingesetzt werden kann.
Für folgende Tumorarten bestehen bereits Erfahrungen:
  • Colon-Ca
  • Mamma-Ca
  • Melanom
  • Prostata-Ca
  • Neuroblastom
  • Plasmozytom
  • Ovarial-Ca
  • Pankreas-Ca
  • Sarkome
Generell gilt: je aggressiver der Tumor, umso mehr speichert er Eisen und umso effektiver wirkt Artesunate. Das wasserlösliche Artesunate der i.v.-Applikation wird als Blut-Hirn-Schranken gängig beschrieben und eignet sich somit auch für die Therapie von Gehirntumoren.

Artesunate kann in Kombination mit der Chemotherapie (außer für Mitomycin, für welches eine Wirkabschwächung beschrieben wird) sowie in der chemotherapiefreien Zeit gegeben werden. Eine Resensibilisierung für Gemcitabine wurde bereits eindeutig beschrieben.

 Literatur:
  1. Hamacher-Brady, Anne, Henning A Stein, Simon Turschner, Ina Toegel, Rodrigo Mora, Nina Jennewein, Thomas Efferth, Roland Eils, and Nathan R Brady. 2010. Artesunate Activates Mitochondrial Apoptosis in Breast Cancer Cells via Iron-catalysed Lysosomal Reactive Oxygen Species Production. The Journal of Biological Chemistry 286 (8) (December 13): 6587–601. DOI: dx.doi.org/10.1074/jbc.M110.210047...
  2. Division of Functional Genome Analysis... IPMC, MCA and MCAC samples. Panel (c), finally, presents a combination of the data with a colour-code added that indicated the tendency of malignancy of the respective tumour types: blue, non-malignant; red, highly malignant. figure ... Effect of Artesunate on pancreatic cancer cells , Helwan University, Cairo The paucity of curative therapies for pancreatic cancer has translated into an overall 5-year survival rate of less than 5%, underscoring...
  3. German Cancer Research Centre ...., Hofmann, A., Hub, B., Zentgraf, H., Lehmann, W.D. and Pereira, G. (2011). Phosphorylation-dependent regulation of the F-BAR protein Hof1 during cytokinesis. Genes & Dev., 25:875-888. Steinbrueck, L., Pereira, G. and Efferth, T. (2010). Effects of artesunate on cytokinesis and G2/M cell cycle progression of tumour cells and budding yeast. Cancer Genomics & Proteomics, 7:337-346. Caydasi, A.K., Kurtulmus, B., Orrico, M.I.L. , Hofmann, A. , Ibrahim, B. and Pereira, G. (2010). Elm1 kinase activates...
  4. Malaria Drug Artesunate Activates Lysosomal Cell Death in Cancer Cells MALARIA DRUG ARTESUNATE ACTIVATES LYSOSOMAL CELL DEATH IN CANCER CELLS No. 36a | 11/07/2011 Heidelberg scientists have investigated cellular processes in killing breast cancer cells. enlarged view In cancer cells treated with arsenuate, mitochondria (green) as well as lysosomae (red) appear fragmented, accummulated around the nuclei. Untreated cancer cells, in contrast, appear to have a network of mitochondria and lysosomae distributed evenly over the entire cell. | © dkfz.de Artemisinin – a substance...
  5. Hamacher-Brady A., Stein H.A., Turschner S., Toegel I., Mora R., Jennewein N., Efferth T., Eils R. & Brady N.R. (2011). Artesunate activates mitochondrial apoptosis in breast cancer cells via iron-catalysed lysosomal reactive oxygen species production. J Biol Chem., 285(8):6587-601 Hamacher-Brady A., Brady N.R., Logue S.E., Sayen M.R., Jinno M., Gottlieb R.A. & Gustafsson A.B...
  6. Deutsches Krebsforschungszentrum JUNIOR RESEARCH GROUP SYSTEMS BIOLOGY OF CELL DEATH MECHANISMS DR. NATHAN BRADY 3D reconstruction of mitochondria (green), lysosomes (red) and nuclei (grey). In response to artesunate, lysosomes cluster asymmetrically at the nucleus. Pro-death signaling from lysosomes induces mitochondrial fragmentation and convert mitochondria into inducers of cell death via cytochrome c release. Vergroesserte Ansicht 3D reconstruction of mitochondria (green), lysosomes (red) and nuclei (grey).
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